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Was macht der Klimawandel mit Streuobstwiesen?
Ein Forschungs- und Praxisteam aus Österreich untersuchte in drei Modellregionen, wie sich der Klimawandel auf Streuobstwiesen in Zukunft auswirkt. Die Klimadaten und Szenarien zeigen besorgniserregende, teils aber auch hoffnungsvolle Ergebnisse. Welche Maßnahmen helfen, um Streuobst zukunftsfähig zu machen?
Warum sind Klimawandelszenarien hilfreich?
In den vergangenen Jahren stellten Streuobstbewirtschafterinnen und -bewirtschafter immer mehr fest, dass wärmere Sommer und Hitzeperioden Auswirkungen auf die eigenen Bestände haben: frühere Blüte, steigende Gefahr von Frostschäden, mehr Krankheiten und Schädlinge. Bisher fehlt allerdings eine Untersuchung, welche Wirkung der Klimawandel auf Streuobst in der Zukunft wirklich hat – und was dagegen hilft. Eine Studie aus Österreich schafft Abhilfe.
Was machte das Projektteam?
Das Projektteam aus Wissenschaftlern der BOKU Wien und Praxispartnern von Arche Noah und dem Ingenieurbüro Holler sowie der ARGE Streuobst schaute sich drei Modellregionen in Osterreich an. Sie umfassen sowohl tiefere Lagen als auch die bisherigen Grenzlagen für Obstbau im inneralpinen Hochplateau. Die Klimadaten bezogen sich auf die Perioden 1961-1990 ("historisches Klima") und 1991–2020 ("aktuelles Klima"). Außerdem berechneten die Projektpartner Szenarien für eine globale durchschnittliche Erderwärmung um 2 und 3 Grad.
Was ändert der Klimawandel?
Der Vergleich der Perioden 1961-90 und 1991-20 zeigt bereits deutliche klimatische Veränderungen. In allen Höhenlangen sind die Sommer und Winter deutlich wärmer, die Vegetationsperioden werden länger und beginnen früher. Die Gefahr durch den früheren Vegetationsbeginn bleibt bestehen. Für die Zukunft rechnen die Projektpartner mit weniger Wasserverfügbarkeit im Sommer, dafür mit mehr Starkregen, Gewitter und Hagel.
Ist der Streuobstbau in Zukunft noch möglich?
In bisher günstigen Lagen gerät der Streuobstbau durch die Erderwärmung stark unter Druck. Erwärmt sich das Klima um 3 Grad, ist es fraglich, ob der traditionelle Streuobstbau ohne Bewässerung noch möglich ist. Das Projektteam stellt hier massive Änderungen des Systems in Aussicht. In Lagen bzw. Regionen, die bisher nur bedingt für den Streuobstanbau geeignet sind (z.B. höhere Lagen) profitieren vom Klimawandel - solange die Erwärmung auf unter +2 °C begrenzt bleibt. Bei einer globalen Erwärmung von +3 °C ist das Klima für Streuobst zwar immer noch günstig, allerdings nehmen Extremereignisse wie Hagel und Folgeerscheinungen (z.B. Muren, Hangrutschungen) zu. Die damit verbundenen Risiken und Unsicherheiten für die Obstproduktion sind erheblich und relativieren die klimawandelbedingten Chancen deutlich.
Das für den Obstbau günstige Klima verschiebt sich also zunehmend in deutlich höhere Lagen, weshalb eine künftige streuobstbauliche Fokussierung auf höhere Lagen aus regionaler Sicht eine mögliche Strategie darstellt. Die Beachtung der kleinräumigen Standortvoraussetzungen für den Obstanbau wird noch wichtiger als in der Vergangenheit.
Was ist zu tun?
Das Projektteam schlägt folgende Anpassungsmaßnahmen vor:
- „Nicht nur auf ein Pferd setzen“: Streuobstbewirtschafter nutzen verschiedene Unterlagen, Arten und Sorten, um das Risiko breiter zu streuen. Alte, regional verankerte Sorten sind kritisch zu betrachten. Versuchspflanzungen mit verschiedenen Arten und Sorten- bzw. Unterlagenkombinationen helfen.
- „Boden gut machen“: Neupflanzungen sind wichtig. Allerdings achten Streuobstbewirtschafterinnen und -bewirtschafter in Zukunft stärker auf die passenden Standortfaktoren. So sind sandige oder flachgründigee Böden, Hügelkuppen sowie Standorte mit hoher Gefahr für Frost ausgeschlossen. Nordhänge werden im Streuobstbau an Bedeutung gewinnen, Süd- und Südwesthange sind zu meiden. Mulchen hilft Wasser auf der Fläche zu halten. Die bedarfsgerechte Düngung hilft, dass Jungbäume zu vitalen Streuobstbäumen heranwachsen.
- „Regional anpassen“: Im besten Fall erarbeiten Regionen angepasste Strategien für die Zukunft, abgeleitet von regionalen Klimaszenarien. Darauf aufbauend helfen koordinierte und gemeinschaftliche Obstbaum-Pflanzaktionen.
- „Mit der Unsicherheit leben“: Dass sich das Klima verändert, ist eine Tatsache. Die Geschwindigkeit und Auswirkungen sind nicht genau vorhersehbar. Austausch hilft.
Zukunftsperspektiven für den Streuobstbau mit Klimaschutz
Szenarien mit einer Erwärmung von mehr als +2 °C sind in jedem Fall mit großem Risiko verbunden. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Kipppunkte zu völlig anderen bzw. noch extremeren Entwicklungen führen. Gezielte Anpassungen sind dann kaum möglich. Schafft es die globale Gemeinschaft, die Erwärmung auf höchstens 2 Grad zu begrenzen, gibt es eine Zukunftsperspektive für den Streuobstbau in Österreich und Mitteleuropa.
Kontakt und Literatur
Holler, C.; Spornberger, A.; Engelmeier, M.; Kajtna, B. (2024): Perspektiven für den Streuobstanbau im Klimawandel. Endbericht von StartClim2023.H in StartClim2023: Biodiversität, Klimakippeffekte und sozioökonomische Klimaindikatoren, Auftraggeber: BMK, BMWFW, Klima- und Energiefonds, Land Oberosterreich (LINK).
Dort enthalten sind auch weitere Projekte zum Thema Klimawandel & Streuobst (ab S. 20) und Links zu Informationsbroschüren (ab S. 40).
- Bernd Kajtna (Projektleitung), ARCHE NOAH, bernd.kajtna@arche-noah.at
- Christian Holler, Ingenieurbüro DI Holler, c.holler@tb-holler.at
- Andreas Spornberger, Institut für Wein- und Obstbau, Universität für Bodenkultur, andreas.spornberger@boku.ac.at
- Martin Engelmeier, ARCHE NOAH, martin.engelmeier@arche-noah.at