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Neue Schritte zum Schutz der Artenvielfalt in Baden-Württemberg und Niedersachsen
Baden-Württemberg: Landtag stimmt Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes zu
In Plenarsitzung des 22. Juli 2020 stimmte der Landtag zum Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes zu. Die Beschlussfassung geht auf die Eckpunkte zur Weiterentwicklung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ zurück und ist im Einklang mit Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden erfolgt. Der Weg für die rechtlich verbindliche Stärkung der Biodiversität in Baden-Württemberg ist nun geebnet.
Der Umweltminister Frank Untersteller stellte in einem Interview heraus, er sei vor allem stolz auf den gesamtgesellschaftlichen Konsens und die Bereitschaft aller Beteiligten, die Herausforderungen des Artensterbens im Dialog gemeinschaftlich anzugehen. Er ist „[…] überzeugt, dass es nicht nur landesweit große Beachtung finden, sondern auch auf Bundesebene richtungsweisend sein wird.“ Denn das gemeinsame Vorgehen von Landwirtschafts- und Umweltministerium in Baden-Württemberg sei bislang bundesweit einmalig. Trotzdem müsse klar sein, dass die Verabschiedung des Gesetzes die aktuelle Situation nicht ändere, sondern erst eine tägliche praktische Umsetzung und Anwendung der neuen gesetzlichen Regelungen Wirkung zeige.
Der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk betonte im Nachgang der Sitzung am 22. Juli, dass nicht nur die Landwirte einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten hätten. Alle gesellschaftlichen Bereiche sind gefragt. Im Blick auf die Landwirtschaft sei es wichtig, gezielte Anreize zu schaffen.
Wesentliche Punkte der Novellen sind:
- Ausbau des Anteils der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2030
- Reduktion der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel um 40 bis 50 Prozent bis 2030
- Umsetzung des Verbots von Pestiziden in ausgewiesenen Naturschutzgebieten und Einhaltung der landesspezifischen Vorgaben des Integrierten Pflanzenschutzes in den übrigen Schutzgebieten
- Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030
- Erhalt von Streuobstbeständen
- Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken
- Minimierung der Lichtverschmutzung
- Schaffung von Refugialflächen auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen
Zum Erhalt von Streuobst:
Für Streuobstbestände ab einer Größe von 1500 m² gilt ein Erhaltungsgebot. Einzelbäume können wie bisher bewirtschaftet, gefällt und oder nachgepflanzt werden, ohne dass es einer Genehmigung bedarf. Eine Umwandlung eines Streuobstbestandes ist künftig nur dann möglich, wenn die Gründe für die Umwandlung so gewichtig sind, dass der Erhalt dahinter zurückstehen muss. In diesen Fällen erfolgt ein Ausgleich vorrangig durch die Anlage eines neuen Streuobstbestandes. So wird sichergestellt, dass die flächenhafte Inanspruchnahme reduziert wird und die für Baden-Württemberg so prägende Nutzungsform auch künftig erhalten bleibt. – Auszug aus wesentlichen Inhalten des Gesetzentwurfes zur Stärkung der Biodiversität, Staatsministerium Baden-Württemberg
Die Landesregierung stellte den Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes (NatSchG) und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG) auf einer Beteiligungsportal bis zum 28. April 2020 zur Diskussion. Alle Bürgerinnen und Bürger konnten den Entwurf kommentieren sich aktiv in das Gesetzgebungsverfahren einbringen. Großes Interesse bestand an der Regelung zum Erhalt von Streuobstbeständen nach Paragraph 33a NatSchG, wobei sich ein breites Meinungsspektrum abzeichnete. Diskutiert wurde die konkrete Ausgestaltung der tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere die Mindeststammhöhe der zu erhaltenden Streuobstbäume, sowie die gesetzlich festgelegte Mindestfläche des zu erhaltenden Bestandes von 1.500 Quadratmetern. An der Mindeststammhöhe von 140 Zentimetern als Abgrenzungskriterium, welche Bestände der Vorschrift unterfallen, wird festgehalten. Auch die gesetzgeberische Entscheidung für eine Mindestflächengröße von 1.500 Quadratmetern als Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Ziel einer möglichst weitgehenden Erhaltung von Streuobstbeständen und der erforderlichen Wahrung eines adäquaten Erhaltungs- und Pflegeaufwandes bleibt bestehen.
- Mehr Informationen zum Erhalt von Streuobst und zur Stellungnahme des Ministeriums zur Mindeststammhöhe und Mindestflächengröße.
Niedersachsen: Neues Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt!
Während in Baden-Württemberg die letzte Hürde für die rechtlich verbindliche Stärkung der Biodiversität als genommen scheint, steht das Bündnis zum Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt! in Niedersachsen noch am Anfang ihres Ziels. Denn das Volksbegehren startete bereits vor über zwei Monaten mit dem Sammeln der Unterschriften.
Die Forderungen legt das Bündnis auf der Homepage dar, grundsätzlich wird mit den Schlagworten „Mehr Vielfalt“, „Weniger Pestizide“, „Artenreiche Wiesen“ und „Naturnaher Wald“ geworben. Dort werden auch die angestrebten Gesetzesänderungen im Detail erklärt.
In der Pressemitteilung des 19. August teilte die Initiative mit, dass über 45.000 gültige Unterschriften gesammelt wurden. Für die erste Hürde, also um den Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit zu stellen, sind lediglich 25.000 Unterschriften gefordert. Damit es zu einer Abstimmung im Landtag über das Gesetz kommt, braucht es insgesamt rund 610.000 Unterschriften. Die bisher gesammelten Unterschriften zählen dabei mit.
Hinter dem Bündnis stehen folgende Personen:
- Dr. Kathrin Kiehl (Professorin für Vegetationsökologie und Botanik, Hochschule Osnabrück)
- Dr. Remmer Akkermann (emeritierter Biologe an der Universität Vechta)
- Professor Dr. Dr. Wolfgang Büchs (Tierökologe, Institut für Biologie und Chemie, Universität Hildesheim)
- Dr. Dirk Albach (Biodiversität und Evolution der Pflanzen, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)
- Dr. Werner Härdtle (Professor für Ökologie, insbesondere Landschaftsökologie und Naturschutz, Leuphana Universität Lüneburg)
- Dr. Christina von Haaren (Professorin für Landschaftsplanung und Naturschutz, Leibniz Universität Hannover)
- Dr. Teja Tscharntke (Professor für Agrarökologie, Universität Göttingen)
- Dr. Miguel Vences (Zoologe und Mitglied der Akademien Leopoldina und Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Technische Universität Braunschweig)
- Dr. Herbert Zucchi (emeritierter Hochschullehrer für Zoologie/Tierökologie, Hochschule Osnabrück).
Mehr als 190 Partner unterstützen das Bündnis. Darunter befinden sich viele Umwelt- und Naturschutzverbände, Vereine, Parteien sowie weitere Organisationen.
Weitere Informationen:
- Zum Bündnis
- Forderungen des Volksbegehrens Artenvielfalt.Jetzt!
- Zu den Unterschriftenbögen
- Informationen des Nabu Niedersachsen
Quellen:
Staatsministerium Baden-Württemberg (2020): https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/gesetzesnovelle-staerkt-biodiversitaet/
Staatsministerium Baden-Württemberg (2020): https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-16/staerkung-der-biodiversitaet/
Staatsministerium Baden-Württemberg (2020): https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-16/staerkung-der-biodiversitaet/antwort-des-ministeriums/
Nabu Niedersachsen (2020): https://niedersachsen.nabu.de/wir-ueber-uns/aktionen-und-projekte/volksbegehren/28226.html
Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt! (2020): https://www.artenvielfalt-niedersachsen.jetzt/
Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt! (2020): https://www.artenvielfalt-niedersachsen.jetzt/buendnis/
Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt! (2020): https://www.artenvielfalt-niedersachsen.jetzt/aktuelles/bereits-45-412-unterschriften-fuer-mehr-artenvielfalt-in-niedersachsen/
Bild: Heike Schumacher
